Gedichte und anderes


Auszug 2 aus dem Roman: "Knackarsch"

Da kam sie, die gute alte "7", wie immer fast zu langsam an die Haltestelle heran.

Die größte Kälte war endlich verflogen, ein Platz auf der Heizung war nicht mehr unbedingt
erstrebenswert.

Ole Benson bestieg die Bahn und zog sich eine Karte. Leicht kopfschüttelnd quittierte er die neueste Preiserhöhung. "Daran merkt man, wie selten ich noch in die Stadt komme; schon wieder teurer", murmelte er.
Aber heute sollte sein abendlicher Ausflug eine angenehme Abwechslung ins zuletzt etwas trist gewordene Leben bringen.

Ein Date mit einer Frau war angesagt; wie stand es noch geschrieben: "sehr gutaussehend, blonde lange Haare, temperamentvoll und Akademikerin, Husky-Besitzerin, VW-Käfer-Fahrerin."

"Welch´ vielversprechende Konstellation", dachte Ole, hatteeinfach mal zum Schreiber gegriffen und sein Glück versucht.

Und siehe da, schon nach wenigen Tagen die Reaktion: sie heißt Katja und möchte ihn gerne kennenlernen.
Und das, obwohl Ole kein Foto beigelegt hatte wie gewünscht. Nicht daß er sich hätte zu verstecken brauchen; aber vielleicht urteilt ihr besser selbst:
Ole ist mit 1,90 m und seinem Kampfgewicht von 95 kg ein Mann, hinter dem sich mancher umziehen könnte, ohne gesehen zu werden, aber er ist deshalb weder ein Muskelpaket noch dick. Zu seinen blonden Locken, die im Laufe der Jahre etwas an Fülle verloren haben, gesellen sich
zahlreiche Sommersprossen, die in gelungener Harmonie zu seinen blauen Augen stehen.

Am besten gefällt sich Ole selber, wenn er lächelt (was längst nicht immer vorkommt) und dabei die Spitzen seiner etwas verdrehten Vorderzähne unter der Oberlippe hervorluken.

Das ist kein entstellender Anblick, sondern verleiht ihm einen Hauch von einem Vampir, allerdings in der niedlichen Version.
Oles Hände sind von einer beachtlichen Größe, aber nicht furchteinflößend, sondern eher Schutz versprechend. Er sagt immer, daß seine Pranken in den 20 Jahren Handball so gewachsen sind, aber ich glaube eher, das kommt von den Genen.

Andere wichtige körperliche Merkmale sind kaum hervorzuheben, weil an ihnen nichts besonderes festzustellen ist. Stellt euch eine normale Nase vor und ihr wisst, wie Oles Nase aussieht.
Ach, natürlich, eine Sache doch noch, die zumindest einen Teil von Euch interessieren dürfte: der Po.

Ich mochte Oles Po schon, bevor ich das erste Mal in sein Gesicht sah. Er trug damals seine knackigste Jeans und tanzte mit dem Rücken zu mir im Voodoo, unser damaligen
Stammdisco.

Ich glaube, daß wir Menschen nur bedingt etwas für unseren Allerwertesten tun können, so daß Oles Hinterteil von Natur aus zu seinen optischen Stärken zu zählen ist: nicht zu flach,
eben zwei schöne Rundungen, seitlich keine wabbeligen Ablagerungen und dann am besten seine rote Diesel drüber (außer nackt natürlich).

Genau die hatte er heute auch an. Endlich würde es ihn wieder einmal in das Bermuda-Dreieck der Kölner Südstadt führen.

Nach ca. 25 Minuten erreichte er die Innenstadt und stieg für die letzten drei Stationen um. Zehn Minuten vor der Zeit erreichte er sein Ziel.

Als er auf das "Opera" zuging, wurde er plötzlich doch ein bißchen nervös. Zu Studienzeiten
war es selbstverständlich, mit Frauen (und Männern) verschiedenster Fasson verabredet zu sein.

Nur mußte Ole sich eingestehen, daß seitdem über 4 Jahre vergangen waren. Und 4 Jahre Berufsleben mit wenig Freizeit in einer zunächst fremden Stadt hatten die alte Kontaktfreudigkeit stark zurückgehen lassen. Jetzt sollte er sich vor die Tür stellen, in die Gegend lächeln und auf eine Frau warten, von der er nur wußte, daß sie blond und nach eigenem Bekunden "sehr gutaussehend" sein sollte.

Zum Glück war um 18:00 Uhr noch nicht viel los und sie wollte als eindeutiges Merkmal
ihren Husky mitbringen; so sollte ein gegenseitiges Erkennen ohne weiteres möglich sein.

Da kam eine auf ihn zu: Top-Figur, eine einmalige Brust, das mußte sie doch sein! Nein,
sie geht vorbei; naja, die Haare waren auch eher braun, obwohl Ole hier bestimmt eine Ausnahme gemacht hätte.

Unmittelbar neben Ole saß plötzlich ein grau gewordener Husky. Ole sah vom Hund auf zum Frauchen und blickte in zwei aufregende grün-graue Augen.

Es war Katja. Schnell waren sich beide einig, daß ein Gläschen Wein zum Kennenlernen nicht schaden könne. Katja redete viel, vor allem über ihre Hobbies (sie konnte eigentlich alles) und
noch mehr über ihre tollen Freunde. Ole hätte sich jetzt schon kritisch fragen können, was diese Frau denn dazu bewogen hatte, eine Anzeige aufzugeben, wenn ihr nach eigenen Bekundungen alles so gut wie allein in den Schoß fiel, aber er lehnte sich lieber über den Tisch nach vorne, schaute auf die nicht still stehen wollenden Lippen und ließ sich von dem Redeschwall einlullen.

Der Wein schmeckte mit jedem Glas besser. Der "Zufall" wollte es nun auch noch, daß Katja in
ihrer naheliegenden Wohnung einen wunderbaren 82´er Burgunder zum Verzehr bereitgestellt hatte.

Ole hatte jetzt dieses Gefühl der tiefen, wohligen Zuneigung, als er Katja vor sich die Wohnungstür aufschließen sah.
Gerade als er selbst einen Satz dieser Kategorie anbringen wollte, hörte er sie sagen: "Ich habe das Gefühl, als wenn wir uns schon ewig kennen würden, wenn wir uns unterhalten; geht es Dir nicht auch so?"

Als Antwort streichelte Ole sanft über Katjas Wange und nickte. Erst jetzt ließ er seinen Blick
über das Mobiliar schweifen bzw. das, was scheinbar willkürlich zusammen- und übereinander gestapelt war: alte Möbel, einige noch in gutem Zustand, andere wurmstichig und dilettantisch weiß übergemalt, dazu die schrecklichsten Kreationen der siebziger Jahre wie Lampen, die aussahen wie Mofakrümmer und abgewetzte orange Kunstledersessel. Als Krönung stellte Ole beim genaueren Hinsehen fest, daß Katja einer großen Sammelleidenschaft verfallen war, die von der gemeinen Schraube bis hin zur seltenen Pappelbaumrinde ging.

Überall lag irgendetwas, so daß es nicht einfach war, Katjas Aufforderung, sich zu setzen, Folge zu leisten. Ole machte aus der Not eine Tugend und ließ sich auf die große Matratze in der Ecke des Zimmers fallen.

Das hätte er nicht tun sollen, denn es handelte sich nicht um Katjas Schlafstätte, sondern um die des Huskys, was eine größere Aufwirbelung von Hundehaaren mit einem spontan einsetzenden
Hustenanfall mit sich brachte.

Katja lachte, Ole nicht, aber schon hatten beide den Burgunder in der Hand. Die Hundewolle ließ sich ganz gut damit herunterspülen und als Katja dann Ole ihr richtiges Bett zeigte, war das kleine
Mißgeschick schon fast vergessen.

Irgendwie waren sich beide immer näher gekommen, bis sich die Lippen gegenseitig berührten und nicht mehr voneinander abließen. Der Hund saß als stiller Beobachter in der Nähe und verdrehte nicht einmal den Kopf, als parallel zwei Hosen der Erdanziehungskraft nachgaben und über den dazugehörigen Schuhen landeten.

Wer weiß, wie alles weitergegangen wäre, wenn nicht in dieser Sekunde Geräusche an der Haustür wahrzunehmen waren, die darauf schließen ließen, daß jemand die Wohnung betreten wollte.

Was mußte Ole aus dem aufgerissenen Mund Katjas hören: "Oh Gott, Walter kommt schon heute!!!
Schnell, anziehen und auf das Sofa setzen!!!" Ole, der es nicht für möglich gehalten hätte, daß in diesem Gerümpelhaufen noch eine zweite Person leben konnte, war von Panik ergriffen.

Bei dem Versuch, sich aus dem Schlafzimmer zu entfernen, vergaß er die Gehbehinderung an
seinen Füßen und kam auf das Heftigste ins Straucheln.

Ole fiel, aber nicht auf den Boden, sondern mit seinem ganzen Gewicht gegen das sehr dekorative Aquarium, welches sich erstaunlich leicht aus der laienhaft gemauerten Verankerung löste und mit einem ohrenbetäubenden Knall auf dem Fliesenboden zerschellte. Nun bellte auch der Hund (das können Huskys eigentlich gar nicht), bevor er sich hastigüber die zappelnden Fische hermachte.

Katja schluchzte und warf sich auf den überschwemmten Boden; Ole schaute nach, ob seine Hose fischfrei war und bereitete sich auf einen bevorstehenden Kampf mit dem sicher hünenhaften Ehemann vor.

Ole starrte zur Tür, durch die nach kurzer Zeit nur ein lallendes "Scheiße, falsch hier" zu vernehmen war. Ole fiel ein Stein vom Herzen.

Er sagte: "Schade" und ging.


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